Geschichte

ENGLISH VERSION

Freud und Frankfurt

Die Geschichte und Entwicklung des Sigmund-Freud-Instituts

Die von Sigmund Freud vor mehr als 100 Jahren begründete Psychoanalyse ist mit der Stadt Frankfurt am Main traditionell eng verbunden. Hier gründete eine Gruppe von Psychiatern und Psychologen, darunter Erich Fromm,
Klara Happel, Karl Landauer, Heinrich Meng, Frieda Fromm-Reichmann,
Ewald Roellenbleck und Franz Stein, im Jahr 1926 die psychoanalytische Arbeitsgruppe „Südwestdeutsche Arbeitsgemeinschaft“. Daraus ging zwei Jahre später das Frankfurter Psychoanalytische Institut (FPI) hervor. Die Wissenschaft vom Unbewussten der menschlichen Psyche erlebte in Frankfurt jedoch nur eine kurze Blütezeit, deren Höhepunkt die Verleihung des Goethepreises an Freud im Jahr 1930 bildete. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten sah sich das FPI gezwungen, seine Tätigkeit 1933 einzustellen. Die zumeist jüdischen Psychoanalytiker mussten emigrieren.

Sigmund Heinz Fuchs
Heinrich Meng
Karl Landauer
Erich Fromm

Frieda Fromm Reichmann

Rückkehr der Psychoanalyse

Max Horkheimer

Es dauerte fast ein Vierteljahrhundert, bis die Psychoanalyse nach Frankfurt zurückkehrte. Wichtige Impulse hierzu gingen von einer großen akademischen Feier anlässlich des 100. Geburtstags Sigmund Freuds im Jahr 1956 aus. Die Philosophen Theodor W. Adorno und Max Horkheimer organisierten gemeinsam mit dem Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich eine Vortragsreihe über Psychoanalyse mit international renommierten Vortragenden in Frankfurt und Heidelberg.

Institutsgründung

Am 27. April 1960 wurde das auf Anregung  von Theodor W. Adorno,
Max Horkheimer und Georg August Zinn, dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten, 1959 gegründete Institut und Ausbildungszentrum für Psychoanalyse und Psychosomatik feierlich eröffnet. Es war das erste und einzige seiner Art in Deutschland und sollte neben Forschungsaktivitäten künftig auch Ärzte und Psychologen zu Psychoanalytikern ausbilden. „Eine neue psychoanalytische Ära in Deutschland beginnt“ – so die Worte von Sigmund Freuds Tochter Anna anlässlich der Eröffnung. Erster Institutsdirektor wurde Alexander Mitscherlich, der in einer neuartigen Weise die Untersuchung des Unbewussten mit der Sozialpsychologie verband.

Entwicklung und Veränderungen des SFI

Unter Alexander Mitscherlichs Leitung von 1960 bis 1976 wurde das Institut, das 1964 in Sigmund-Freud-Institut (SFI) umbenannt wurde, zum wichtigsten Ausbildungszentrum für Psychoanalytiker in Deutschland. Auch international erlangte es bald Anerkennung. In den folgenden zwei Jahrzehnten leistete das SFI einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit und zur Demokratisierung im Nachkriegsdeutschland.

Nach Mitscherlichs Ausscheiden im Jahr 1976 übernahm Clemens de Boor die Leitung von 1976 bis 1983, dann von 1983 bis 1985 (kommisarisch) Hermann Argelander und anschließend Dieter Ohlmeier von 1985 bis 1992. Während der folgenden Dekade, in der das Institut eine neue Rechtsform erlangte,  leitete Horst-Eberhard Richter das Institut. Ab 2002 übernahmen Marianne Leuzinger-Bohleber und (ab 2004) Rolf Haubl gemeinsam die Leitung bis 2016, überdies begann Heinz Weiß 2012 als Leiter des medizinischen Schwerpunkts.

Seit 2016 wird das Sigmund-Freud-Institut geleitet von Vera King (Direktorin des SFI im Rahmen einer Kooperationsprofessur für Soziologie und psychoanalytische Sozialpsychologie an der Goethe-Univ. Frankfurt), Patrick Meurs (Direktor des SFI im Rahmen einer Kooperationsprofessur für Psychoanalyse an der Universität Kassel) sowie Heinz Weiß (Chefarzt am RBK Stuttgart) als Leiter des medizinischen Schwerpunkts und der Ambulanz des SFI.

Bereits 1995 ist das SFI in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt worden, um sich in enger Zusammenarbeit mit der Frankfurter Goethe-Universität und der Universität Kassel ausschließlich der Forschung zu widmen. Die psychoanalytische Ausbildung erfolgt seitdem im Rahmen der eigenständigen Frankfurter psychoanalytischen (Ausbildungs-)Institute.

Mittelgeber der das SFI tragenden Stiftung ist das Land Hessen, Ziele des Instituts sind Forschung in den Bereichen Sozialpsychologie/Soziologie, Psychologie und Medizin/Psychosomatik sowie die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Im Institut wurden und werden zahlreiche psychoanalytisch, klinisch und/oder sozialpsychologisch ausgerichtete sowie transdisziplinäre Forschungs-projekte initiiert und realisiert im weiteren Sinne zu psychischen Folgen gesellschaftlichen Wandels, aber auch zu Grundlagen der Psychoanalyse oder Präventions- und Psychotherapieforschung –  zu psychoanalytischen und sozialpsychologischen Analysen der Gegenwart, etwa von Digitalisierungs- und Beschleunigungsfolgen, Migration und Flucht oder transgenerationaler Weitergabe von Traumata, Veränderungen von Familien und Eltern-Kind-Beziehungen u.a.m. (vgl. Forschung).